die frage nach der ausgewogenheit veganer ernährung ist mir nicht neu. als ich mich neulich an die veganen anderthalb jahre zurück erinnerte, die ich vor einigen jahren zugebracht habe, fiel mir ein kurzes gespräch ein, das ich mit einer kundenbefragungstante im supermarkt hatte.
kundenbefragungstante: "entschuldigen sie, wir führen hier so eine kundenzufriedenheitsblabla, dürfte ich sie kurz, blabla?"so im nachhinein finde ich die frage, ob das denn nicht etwas einseitig sei, ziemlich lustig. was ich in meinem freundes- und bekanntenumfeld so beobachtete (damals zur studentenzeit noch sehr viel eindrücklicher als jetzt), aß niemand, der regelmäßiger fleischesser war, auch nur ansatzweise so viel frisch- und grünzeug, wie ich damals. die meisten ernährten sich zwischen uniseminaren und lerngruppen hauptsächlich in der mensa oder von fast food aus den zahlreichen döner-, currywurst- und burgeretablissements in der innenstadt. hauptsächlich fleisch und irgendwas brotiges, gemüse eher als dekoration. selbst gekoch thaben die wenigsten, und schon gar nicht täglich. unter einer "anständigen" mahlzeit verstanden (und verstehen) die meisten leute um mich herum fleisch etwas sättigendem wie nudeln/kartoffeln/reis, soße und vielleicht noch irgendwas gemüsigem dazu. meine mahlzeiten bestehen praktisch nur aus gemüse. oft aus so viel gemüse, dass ich keine sättigungsbeilage brauche. wenn, dann gibt es oft quinoa, kartoffeln, couscous; seltener nudeln oder reis. dazu manchmal noch soja (in form von tofu oder joghurt)und so gut wie immer nüsse, sprossen, saaten. ich komme nicht ganz dahinter, wie man beim vergleich eines durchschnittlichen fleischessertellers mit einem durchschnittlichen veganerteller auf die idee kommen könnte, vegane ernährung wäre weniger abwechslungsreich oder gar mangel- hafter als carnivore ernährung.
ich: "ja, machen sie mal."
kundenbefragungstante: "wie sind sie denn mit den frischen und den abgepackten fleischprodukten in diesem supermarkt zufrieden? angebot, geschmack, qualität, frische und so?"
ich: "da kann ich leider nichts zu sagen, ich esse kein fleisch."
kundenbefragungstante: "ahso, ja. ok. und wie sieht es bei käse aus? wie gefällt ihnen das angebot und die qualität an der käsetheke?"
ich: "kann ich leider auch nichts zu sagen. ich esse gar keine tierischen produkte."
kundenbefragungstante: "gar keine?"
ich: "genau, gar keine. keine milch, keinen käse, keine sahne, keine eier. und so."
kundenbefragungstante (leicht entsetzt): "was...ähm...was essen sie denn dann überhaupt?"
ich: "naja, gemüse, obst, nüsse, getreide, hülsenfrüchte..."
kundenbefragungstante: "oh. ist das nicht etwas...einseitig?"
für meine kommilitonen war selber kochen war eher immer so ein wochenend- event. wenn sich partout keine gute party finden lies, verabredete man sich halt bei irgendwem zum kochen. und da gabs als "sättigungsbeilage" meistens nudeln. kartoffeln und reis deutlich seltener und sowas wie amaranth, quinoa oder buchweizen kannte eigentlich niemand. ich kannte auch viele dieser heute schon gar nicht mehr so exotischen lebensmittel nicht, vor diesen anderthalb jahren. und ich bin immer wieder froh über diese zeit, die mich so nachhaltig geprägt hat, in der ich so viele neue produkte, geschmäcker, zubereitungsweisen kennengelernt habe. wie langweilig, wie einseitig wäre mein speiseplan geblieben ohne das (und das, obwohl ich vorher auch schon der meinung war, ich würd mich abwechslungsreich ernähren).
kurze zeit nach diesem gespräch mit der kundenbefragungstante habe ich mir dann auf die ziemlich oft wiederkehrende frage "aber was isst du denn dann überhaupt?!" eine andere standardantwort zugelegt: "plastik und steine", sage ich seither meist.
2. du schreibst, dass du früher schonmal vegan gelebt hast. was war damals deine motivation? und warum bist du dann irgendwann wieder zur fleischesserin geworden?
die motivation für meinen veganismus war damals eine andere als heute. lange geschichte, blöde geschichte, in der fiese krankheit, unzählige verschiedene medikamente und unschöne prognosen bezüglich meiner lebenserwartung und der qualität der bis dahin verbleibenden lebenszeit vorkamen. ich war einigermaßen depressiv und verzweifelt, als ich begann, mich vegan zu ernähren. ich hatte festgestellt, dass es mir umso schlechter ging, je mehr verschiedene tierische produkte ich in einer mahlzeit gegessen hatte. und weil ja eigentlich eh schon alles egal war, aß ich relativ viel schweinkram. fleischbällchen (fleisch, eier) in tomatensoße (mit sahne), überbacken mit mozzarella zum beispiel. oft gerichte, in denen sehr viele verschiedene tierische produkte auf einmal vorkamen. hinterher verbrachte ich meistens viel zeit im badezimmer und kam kaum hinterher mit der entscheidung, mit welchem körperende ich mich der kloschüssel zuwenden soll (tschuldigung). also reduzierte ich die tierischen produkte zuerst, las parallel dinge im internet nach und stieß so erstmals auf den begriff "vegan", den ich bis dahin nicht mal gekannt hatte.
der effekt, den vegane ernährung auf mein wohlbefinden, meine blutwerte und meinen allgemeinen gesundheitszustand hatte, war geradezu bombastisch. und meine motivation, zeit, aufwand und auch ein bisschen mehr geld als zuvor in meine ernährung zu stecken, entsprechend hoch. das also nur als disclaimer: ich nahm und nehme niemandem seine ernährungsweise übel; auch wenn ich mich hin und wieder gerne als ernähungsnazi aufführe und eigentlich doch der meinung bin, dass ihr euch alle ein bisschen mehr gedanken darüber machen solltet, was ihr so in euch hineintut und wo das herkommt und so. weil das nämlich nicht nur gut für euch wäre, sondern auch fürs klima, die viecher, den welthunger. und so. just sayin'.
ich wurde dann erst wieder zur vorsichtigen vegetarierin und schritt für schritt auch wieder zur behutsamen fleischesserin. mit dem unterschied, dass ich nicht mehr nur mein gemüse, sondern auch alle tierischen produkte (auch fleisch) nur noch in bioqualität kaufte. auch wenn mein veganismus beim ersten mal nicht durch tierleid- gründe motiviert war, habe ich mich in der zeit doch viel damit beschäftigt, und wollte wenigstens nicht mehr teil der massenhaltungs-maschinerie sein (mal abgesehen von den qualitativen und geschmacklichen unterschieden). ich bin nicht vegan geblieben, weil ich fleisch und andere tierprodukte immer sehr gerne gegessen habe und mir das tierleid damals weniger ausgemacht hat, als der verzicht auf diese produkte. ich hab mich immer noch damit getröstet, dass es den bio- viechern ja deutlich besser geht als denen aus massentierhaltung (klar, die lächeln sicher selig, während man ihnen das bolzenschussgerät an den kopf hält) und ich mit dem kauf von bioprodukten quasi die richtigere industrie unterstütze. das ist heute anders. der anblick von rohem fleisch ekelt mich zwar, aber der geruch von geräuchterter wurst oder grillfleisch macht mich immer noch an. ich mag das zeug, und auch milch und käse immer noch verflucht gerne, aber ich komme nicht mehr so gut mit dem tierleid dahinter klar. ich kann es nicht mehr grundsätzlich in ordnung finden, dass wir tiere einsperren und töten, bloß weil sie so lecker sind und weil wir es halt können. genau dieser sogenannte "verstand" und die vernunftbegabung, mit der wir (oder zumindest einige von uns; ich hab da regelmäßig entsprechende diskussionen mit dem mann) diesbezüglich gern unsere überlegenheit begründen, sollte es uns eigentlich verbieten, so mit lebewesen umzugehen, die uns unterlegen sind.
"der mensch sagt von sich, dass nur er, der mensch, vom tod wisse. daraus leitet er ab, dass er die krone der schöpfung ist. er war noch nie im schlachthof."janosch