ich will so viel schreiben und finde für nichts die richtigen worte. die sätze bleiben ungelenk, die worte unpassend, der ganze text greift daneben, und wenn dann schon das schreiben keinen spaß macht, wer soll das dann lesen wollen. bloggen und blogs lesen war ja eher immer so ein ding von herausfinden, dass es den anderen auch nicht besser geht mit ihrem liebeskummer, ihrer einsamkeit, ihrem nicht-verstanden-werden oder ihrem anderssein; die beruhigende vergewisserung, dass man nicht alleine ist mit alldem, eine art solidaritätseinrichtung derer, die gut mit worten umgehen können.
das kam mir stets entgegen, denn schreiben konnte ich schon immer am besten, wenn es mir schlecht ging, ich wehmütig war oder mich an irgendwas schlechtes erinnerte. mit volldampf, wut und verzweiflung schreibt man texte, die anderen menschen tränen in die augen treiben.
irgendwie geht das gerade nicht. es geht mir viel zu gut und was bitte, was soll ich darüber schreiben? mit dem eigenen glück muss man sich immer ein bisschen zurückhalten, da geht man anderen schnell auf den sack. keiner will lesen, wie verliebt ich bin, wie glücklich, wie toll und unkompliziert dieses kind ist, wie wenig gestresst seine eltern. wie groß das hier alles ist, wie unbegreiflich und wie dauerhaft immer noch schöner werdend.
klar, ich könnte irgendwas auskramen, irgendwas aus der zeit im heim, oder was aus der zeit auf der straße. oder vielleicht was von ganz früher, aus meiner kaputten kindheit. lieber was mit gewalt oder lieber was mit jahrelanger vernachlässigung? ich habe eine außergewöhnlich gut bestückte jukebox herzzereißend fürchterlicher lebensabschnitte zu bieten, die auswahl ist reichlich, aber die einzelnen platten eiern schon ziemlich.
ich weiß nicht, wie viel zeit ich damit verbracht und verschwendet habe, mir selbst und so vielen anderen immer und immer wieder zu erzählen, was ich schlimmes hinter mir habe, wie schlecht es mir damit geht und wie ausweglos es meine zukunft macht. angst war mein vorherrschendes lebensgefühl.
zum ersten mal ist das alles egal. vorbei. weit weg. zum allerersten mal habe ich konstant das gefühl, dass ich über all das hinweg bin, was mich so viele jahre lang verfolgt und gequält hat. ohne angst, wow, OHNE ANGST, ich meine: OHNE ANGST!, ich kann mir keine größere freiheit vorstellen, als die freiheit von angst.
zum ersten mal traue ich mich, wofür ich andere schmerzhaft beneidet habe und was ich immer das schwierigste überhaupt fand: einfach leben. fear regret, not failure stempelte ich im juni letzten jahres mehr so intuitiv auf die wand über meinem schreibtisch. und ahnte nicht ansatzweise, wie sehr sich diese vier worte zur sowas wie einer maxime entwickeln würden. hat sich ganz von selbst so ergeben. nichts mehr verschwenden, aus dem vollen schöpfen und merken, das es funktioniert. nachholen, endlich verwirklichen, und versuchen, nicht all diese verschwendeten jahre zu bereuen, in denen ich mich nicht traute, zu tun, was ich eigentlich tun wollte.