Sonntag, 14. Dezember 2008

das leben der anderen (welten, aufeinander (iii); was sich ändert (iii)).

[soundtrack: deichkind - krawall und remmidemmi.]

ich sitze auf mit dem laptop auf dem bett und checke mails. "weiter als du gehen willst" lautet der betreff von einer und darin werde ich (neben ganz vielen anderen) von c. zu einer party eingeladen.
"stilecht abgerissen" soll dort werden, auf der "presslufthammerkonferenz der verkleideten insektenmenschen, wo gefickt wird"; und außerdem lassen sich noch diverse andere verheißungsvolle ankündigungen ("voltigieren wie chuck norris"; "treppenhausspiele mit tabubereich", etc.) aus dem grauschwarzen buchstabenwirrwar auf dem flyer herauslesen. eine party nach meinem geschmack.

vor meinem inneren auge mischen sich erinnerungen an vergangene parties solcher art mit der vorstellung, wie diese wohl werden wird. ich sehe mich, mit a. auf dem weg zur party mit liits to go vorglühend, sehe dreckige alte holzdielen, bierlachen, s. und m. und c. und den rest der gang. zigarettenstummel, ein dj- pult aus bierkästen und sperrholzplatten, zur musik sich wiegende, zuckende, schwingende gliedmaßen, slomo, fastforward, rewind, fastforward.
sehe mich, betrunken auf einer klebrigen treppe sitzend und mit mühe sms tippend, sehe brüste, hintern, kahle wände mit herunterhängenden taptenfetzen, auf denen sich die anwesenden graffitikünstler mit edding verewigen, über geländer und aus fenstern gebeugte überalkoholisierte menschenmenschenmenschen, spüre im gedränge zigarettenglut meinen unterarm streifen, rieche schweiß, tanztanztanz, hände, zungen, bierdunst, bassbassbass, lautlautlaut.
ein trailer läuft da vor meinem inneren auge. und dann spüre ich, was ich ungern zugebe, bei aller überlegenheitssehnsucht (denn man möchte all das ja gar nicht mehr brauchen oder gar nötig haben weil das, was man jetzt stattdessen hat, ja auf jeden fall viel erfüllender und wichtiger ist) auch wehmut. und lust, große lust, zu dieser party zu gehen, mich zu betrinken. und je mehr lust ich bekomme, die veranstaltung zu besuchen, desto heftiger wird der trailer von für sekundenbruchteilen eingeblendeten bildern durchzuckt.
die milchpumpe.
die kiste mit den muttermilcheiswürfeln im tiefkühler. (was für ein kontrast.)
der mann, wasser heißmachend, muttermilch auftauend, dem sohn das fläschchen gebend.
(klar, wäre alles relativ problemlos machbar.)
ich, mich vor dem spiegel zurechtmachend.
ich, in der straßenbahn, ohne kinderwagen. (ein kleines, schmerzhaftes ziehen in der brust.)
ich, auf der party: mich ob des noch nicht ganz verschwundenen schwangerschaftsspecks noch unwohl fühlend. mich nicht zu tanzen trauend.
fragen beantwortend, die so gar nicht in dieses krawall-und-remidemmi-geschehen dort passen (schwangerschaft, geburt, baby etc.).
gesichter, denen man ansieht, dass sie mit meinen erzählungen nicht viel anfangen können: höflich lächelnd und mit einem schwachen nicken interesse vortäuschend; der ausdruck in den augen aber irritiert, distanziert.
ich, realisierend, dass ich gerade irgendwie nicht dazugehöre.
seufzen, wehmut.

dann, während der trailer langsam ausfadet und das geschehen darin ohne mich weitergeht, während ich noch immer mit dem laptop auf dem schoß auf meinem bett sitze, höre ich neben mir plötzlich geräusche: glucksen, erste brabbelversuche; da liegt mein kind, unser kleiner sohn, kaut schmatzend auf seinen fingern herum und strahlt das ehrlichste lächeln der welt, als ich ihn ansehe. eine halbe sekunde später knutsche ich seine weichen wangen, mache lippenfürze in den speckfältchen an seinem hals, sauge seinen duft nach calendula und milchkacke auf, reibe meine nase an seiner, erwidere seine freudigen seufzer und gluckser mit ähnlichen lauten, quieke reflexartig, sobald er mich anlächelt und gebe so insgesamt bestimmt ein unglaublich albernes bild ab. vor einem jahr noch habe ich mich gerne als viel zu cool für so einen debilen quatsch verkauft; jetzt tue ich all das gerne und mit hingabe; wäre ja auch nicht gerade ein kompliment, zu cool zu sein dafür. aber irgendwie auch eine alberne überheblichkeit, das alles viel cooler finden zu wollen, als abrissparties.

kontraste, zwei so gegensätzliche welten. und keine quintessenz, keine pointe. nichts, außer ein bisschen wehmut, viel freude und immer wieder dem staunen über dieses große anders.