Dienstag, 8. Juli 2008

anders.

manchmal frage ich mich, wo das alles hin ist.

vor einem dreiviertel jahr war ich noch vollzeitmäßig damit beschäftigt, mich abzufinden. damit, dass ich wahrscheinlich ewig ein einsames mädchen bleiben werde, das einsame mädchendinge tut. habe das alleinsein zelebriert, das sichbetrinken, die selbstkasteiung. habe meine gerade zurückgewonnene außenwirkung in fremden betten abgefeiert. abgefunden und angefreundet damit, dass das alles ist, was ich kriegen kann. und das war ja nicht das schlechteste. hat ja spaß gemacht. auch melancholie kann man zu einem befeierungswürdigen zustand erheben.

aber was war wichtig?
vielleicht, ich selbst zu bleiben oder überhaupt erst zu werden, während ich versuchte, einen plan zu erfüllen, der wenigstens für andere menschen sinn machte. vielleicht war dieser plan, anstrengend, zeitraubend, nervenzehrend, auch alibi dafür, nebenher, beispielsweise beim sport, beim sex oder beim feiern ein bisschen übertreiben zu dürfen. dass man ab einem gewissen grad der belastung zum ausgleich hin und wieder mal gepflegt ein bisschen ausrasten muss, das leuchtet allen ein, ist ja quasi allgemein anerkannter und praktizierter usus.
aber immerhin: es gab einen plan. einen wegweiser, eine orientierngshilfe. klare abläufe. jetzt das, dann dieses, dann das nächste und wenn das fertig ist, wird es soundso sein. alles war absehbar. beruhigend und beängstigend zugleich, denn man wusste: so wird es kommen, so wird es dann sein; nur ob man damit zufrieden oder gar glücklich sein würde, das wusste man nie.
wie auch immer sich dieses leben weiterentwickelt hätte, es wäre wahrscheinlich immer das gleiche geblieben. es hätte immer irgendeinen plan zu erfüllen gegeben, irgendeinen sinn zu suchen, irgendein ich zu inszenieren. und wenn auch nur, damit man nach außen hin so wirkt, als sei man mit wichtigem beschäftigt. ich hätte immer gewusst, in welche richtung sich meine welt während der nächsten zeit drehen wird.

jetzt gibt es keinen plan mehr; ich weiß nicht mehr, wo oder was ich in einem, in drei oder fünf jahren sein werde. jeder tag entscheidet neu darüber, wie es weitergeht. die alten konstanten haben ihre plätze mit neuen getauscht.
jetzt sind andere dinge wichtig. dass man alles dafür tut, das alles gut wird und schön und fertig. dass es geräusche und gerüche gibt, die einem sagen, dass man hier zuhause ist, und alles richtig so ist. dass man trotz des großen fragezeichens am horizont genießen kann, dass jetzt gerade in diesem moment alles gut ist, man selbst zufrieden, satt und in der lage, sich über tritte im bauch, abendsonne auf dem katerfell oder den von rauschenden weinranken umrahmten ausblick aus dem neuen zimmer in den hinterhof zu freuen.

unwichtig ist, ob das für andere sinnvoll oder gar irgendwie vernünftig klingt. ob sie das verklärt finden, kitschig, oder überhaupt relevant. natürlich ist es was anderes, sich plötzlich über das muster des kinderwagenbezugs oder die entscheidung zwischen stoff- und plastikwindeln gedanken zu machen, als um die auswahl von prüfungsthemen. aber man kann das nicht gegeneinander aufwiegen. wie soll das gehen? wessen welt bewegt sich gehaltvoller? die derjenigen, die endlich ein langes hochschulstudium abschließt, oder die derjenigen, die sich darauf vorbereitet, einen neuen menschen einigermaßen verantwortungsvoll mit dieser welt bekannt zu machen?

weltbewegend ist beides. und wichtig ist nur, durch welche prioritätensetzung man den sinn seines lebens deutlicher sehen kann.