Sonntag, 30. Dezember 2012

same procedure as every year 2012.

zugenommen oder abgenommen?
 zum ersten mal fällt mir auf und ärgert mich, dass diese frage in diesem fragebogen die erste position einnimmt. als wäre das ausschlaggebendste, wenn man auf verlauf und qualität des letzten jahres zurückblickt, das derzeitige körpergewicht. so, wie meine mutter auf die frage "wie geht es xy eigentlich?" auch immer als erstes antwortet "xy hat ja jetzt so viel ab-/ zugenommen". aber das nur am rande. um die frage zu beantworten: insgesamt 0,9 kilo zugenommen, trotz fortgeschrittener schwangertschaft.

mehr geld gehabt oder weniger?

 keine ahnung. schätze gleichbleibend.

mehr ausgegeben oder weniger?

 auch keine wirkliche ahnung. schätze auch hier, dass es unterm strich etwa so viel war, wie im vorjahr.

der hirnrissigste plan?

sämtliche baby- und kleinkindklamotten und -utensilien fein säuberlich flohmarktfertig in kisten zu sortieren. hat wunderbar geklappt, dieser teil des plans, nur der grund dafür - "weil wir das ja jetzt nun wirklich nicht mehr brauchen" - löste sich bald in wohlgefallen auf.
 
die gefährlichste unternehmung?
einen schwangerschaftsabbruch zu erwägen.

die teuerste anschaffung?
neue betten für 3/4 der familie und neue esstischstühle vom holzladen; ein riesiger kleiderschrank vom schweden.

das leckerste essen?
sämtliche male, die ich auswärts indisch essen war. in freiburg bei mahatma gandi, jaipur und shalimar; in berlin bei anantha raja.

das beeindruckendste buch?
peter plöger: einfach ein gutes leben. aufbruch in eine neue gesellschaft.

die beste cd?

dota kehr und die stadtpiraten: bis auf den grund.

das schönste konzert?
ebendiese dota kehr und die stadtpiraten im mai im lido in berlin. so wie ihre konzerte immer die schönsten sind, seit 10 jahren. gemeinsam mit fragmente dort gewesen.

vorherrschendes gefühl 2012?
es bewegt sich was.

2012 zum ersten mal getan?

 einen text über mich in einer populären frauenzeitschrift gelesen. auf die re:publica gefahren. eine abtreibung erwogen. einer freundin bei der geburt und der betrauerung ihres nicht lebensfähigen kindes beigestanden. ein buch geschrieben. das eigene zimmer aufgegeben und ein ehebett etabliert. diverse versicherungen abgeschlossen.

2012 nach langer zeit wieder getan?
einen dauerhaften taschenkalender gekauft.

die meiste zeit verbracht mit...?
arbeit und meinen jungs.

die schönste zeit verbracht mit...?
meinen jungs und den leuten aus dem internet.

drei dinge, auf die ich 2012 gern hätte verzichten mögen:

die aktuell andauernde krankheitsphase, bestehend aus einer fast- lungenentzündung, einer pansinusitis und einer entzündeten zahnwurzel (das sind drei dinge), die auch nach fast zwei wochen überwiegender bettlägerigkeit noch nicht vollständig überwunden ist.

das schönste geschenk, dass ich jemandem gemacht habe?

hm. ich habe viel geschenkt und viel freude dabei gehabt, aber welches davon das schönste war? schenken an sich ist schön.

das schönste geschenk, dass mir jemand gemacht hat?

vielleicht dieses dritte kind.


der schönste satz, den jemand zu mir gesagt hat?

"doch, wir machen das. dieses kind gehört hier hin."

die wichtigste sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?

dass ich nicht kokettiere, sondern ernsthaft nicht sicher bin, ob ich das alles schaffen kann.

2012 war mit einem wort...?

bewegend.


Freitag, 28. Dezember 2012

das geöffnete buch im spiegel.

geträumt.
in einem kleinen kinderzimmer. man kommt herein, die rechte seite des zimmers ist aufgeräumt, wohl geordnet. ein 5jähriger junge hat hier gewohnt. er ist gestorben. seine sachen, die erinnerungen an ihn, sind in seinen regalen und schränken untergebracht, angeordet, einsortiert, schön hergerichtet. bereit, jederzeit wieder herausgeholt zu werden, um mit den fingern darüber zu streichen, an ihn zu denken, traurig zu sein.
die mutter bin ich.
die linke hälfte des zimmers gehört einem 15jährigen mädchen. ein bett, ein schreibtisch, ein niedriges regal, ein spiegel an der wand. das bett ungemacht, aufgewühlt, die bettwäsche aufgetürmt und plattgelegen. überall kleidung; auf dem bett, vor dem bett, auf dem schreibtisch, auf dem boden. das chaos einer 15jährigen. auch sie lebt nicht mehr. ich setzt mich auf ihr bett und sehe mich um. auf dem kopfkissen aktuelle kleidungsstücke eines weiteren kleinkindes, das hier wohl wohnen muss; eine strumpfhose und ein shirt, die es wohl hier abgelegt hat, während es sich umzog. mein blick fällt auf das kopfkissen, in der noch die form des schädels meiner tochter zurückgeblieben ist; durch die kleidung des lebenden kleinkindes darauf wirkt es, wirkt sie, irgendwie noch so eingebunden in die lebendigkeit in diesem haus. nicht mehr in dieser welt und noch nicht in jener. und schluchze, sowohl im traum, als auch in echt; ich befinde ich mich nur im halbschlaf und träume trotzdem weiter.

ich schluchze, weil ich hier nichts in ordnung bringen kann, egal, wie sehr ich auch diese hälfte des zimmers sortieren und ordnen würde. ich schluchze, weil ich hier genausowenig etwas konservieren kann, ganz gleich, wie unberührt ich die unordnung meiner teenagertochter lasse. diejenige meiner hirnhälften, die sich nicht auf der traumseite befindet, fragt sich, ob das mädchen erst kürzlich verstarb, und wie viele kinder es hier wohl noch gibt. ich spüre, wie mir warme tränen übers gesicht laufen. auch im traum fange ich an zu weinen, stürze mich in ebendieses kopfkissen, in dem zuletzt meine tochter lag, setze mich wieder auf, besehe mir ihr chaos, das ich auf einmal liebenswürdig finde.
auf der bettkannte sitze sich genau vor dem spiegel an der wand, keine zwei meter davon entfernt. doch der spiegel ist blind, wie diese billige spiegelfolie, in der man nur schwammige farbflächen und keinerlei scharfe umrisse erkennt. in diesem moment in ich dankbar, mir nicht beim flennen zusehen zu müssen. mein blick wandert immer wieder von der einen in die andere zimmerhälfte. aufgeräumt hier, chaotisch dort, und wie unwirklich und beschissen ist es überhaupt, dass ich jetzt schon zwei tote kinder habe.
mehr tränen, lauteres geschluchze. dann erkenne ich in diesem unbrauchbaren spiegel etwas, das eigentlich direkt vor meinen füßen liegen müsste: eine helle farbfläche, vielleicht oval, vielleicht rechteckig. was auch immer sich dort spiegelt, findet sich diesseits des spiegels nicht wieder. es müsste direkt neben meinen füßen auf dem boden liegen, aber da ist nichts. auch nicht unterm bett oder sonstwo. ich gehe näher an den spiegel heran, obwohl ich eigentlich weiß, dass das nichts bringen kann. das spiegelbild dieses weißen flecks wird auch nicht schärfer dadurch. und trotzdem weiß ich plötzlich, was es ist, das ich dort liegen sehe: ein geöffnetes buch. eines, das noch nicht geschrieben ist. das geöffnete buch im spiegel.

[aufgewacht, tränenverklebt.]

Samstag, 22. Dezember 2012

"Mascha war die "fette Qualle", die "dicke Kuh", die Frau, die man im Vorübergehen mal kurz darüber informiert, wie unmöglich sie aussieht. Oder über die man im Café die Augen verdreht, wenn sie ein Stück Kuchen serviert bekommt. "Ich höre immer die gleichen Bemerkungen", sagt Mascha. "Wenn's ums Beleidigen geht, hält sich der Einfallsreichtum in Grenzen." Kürzlich hat ihr einer "Cindy aus Marzahn" hinterhergerufen. Endlich mal was Anderes. Sie musste lachen. 120 Kilo machen Mascha fett."



"wie ich lernte, dick und glücklich zu sein" - toller artikel in der brigitte woman über eine frau, die gelernt hat, ihren körper schön zu finden.