Mittwoch, 12. September 2012

gemüse-coop vs. gemüse-kiste.

Anfang des Jahres sind wir der Garten- Coop beigetreten. Eigentlich sind Projekte wie dieses genau mein Ding und ich war sehr glücklich, als wir damals endlich beitreten konnten. Dann hat sich aber im Laufe des Jahres rausgestellt, dass wir mit dem Projekt leider irgendwie nicht zusammenpassen. Zum einen ist es für mich schwierig, die Arbeitseinsätze organisiert und mit dem Familienleben vereinbart zu kriegen. Zum anderen passten die Gemüsemengen einfach nicht zu uns. Details würden hier wahrscheinlich zu weit führen- jendenfalls sind wir nun wieder ausgestiegen und haben Platz gemacht für jemanden, der das Projekt besser nutzen und unterstützen kann als wir. Total schade, aber es machte einfach keinen rechten Sinn.

Als Ersatz dafür habe ich uns eine andere wöchentliche Gemüseüberraschung bestellt, eine Biokiste. Ich habe recht ausführlich recherchiert und mich dann für die <a href="http://www.distelkiste.de">Distelkiste</a> entschieden. Das Auswahl an möglichen Kistenabos und die optionalen Zukaufmöglichkeiten haben mir gefallen; die Geschichte und Philosophie der Hofbetreiber sind mir sehr sympathisch. Auch fand ich, das die gelieferten Mengen für den Preis echt okay aussahen. Als ich dann heute unsere erste Kiste in Empfang nahm, war ich aber doch recht erstaunt, wie reichhaltig ihr Inhalt war:

Distelkiste #1, KW 37.



Das sind 700g Fenchel, 900 g Mangold, 370g Paprika, Bd. Petersilie, 960g Tomaten, 1 Salat, 1 Kürbis 1,5kg, 720g Möhren, 600 g Zucchini, alles im regulären Kistenpreis von 15 Euro enthalten, wir haben nichts dazugekauft. Und das allerschönste an dieser ersten Distelkiste war das knutschende Karottenpaar:

das schönste an der ersten gemüselieferung: das knutschende karottenpaar.

Mittwoch, 5. September 2012

danke.

wer mir auf twitter folgt, weiß schon längst, dass ich gerade zum dritten mal schwanger bin. die meisten, die das wissen, haben auch mitbekommen, dass diese schwangerschaft nicht von anfang an ein grund zur freude war. sie kam zu einem zeitpunkt, an dem ich dachte, mit dem wunsch nach einem weiteren kind endlich abgeschlossen zu haben. sie kam zu einem zeitpunkt, an dem erstmal vieles nicht zusammenzupassen schien. und so habe ich zum ersten mal etwas erwägt, was ich mir niemals vorher hätte vorstellen können: eine abtreibung.

mir ging es in den tagen nach dem positiven test sehr schlecht. ich habe wenig geschlafen, noch weniger gegessen, permanent gedanken gewälzt, die sich sehr bald karussellartig wiederholten, nachts pro- und contra- listen geschrieben, mit dem mann geredet, mich von meiner hebamme beraten lassen, geflennt, mein verhütungsmittel verflucht, x- mal nachgerechnet, wieder geflennt und bei alldem versucht, trotzdem irgendwie zu funktionieren und mir den kindern und der außenwelt gegenüber möglichst wenig anmerken zu lassen.

das hat nicht lange funktioniert. insbesondere das gedankenkarussell, das verloren sein in den immer gleichen, sich gegenseitig aufhebenden argumenten dafür und dagegen, hat mich bald fast wahnsinnig gemacht. und dann habe ich etwas getan, was ich eigentlich erst gar nicht tun wollte: meinen twitteraccount vorrübergehend auf privat gesetzt, einige merkwürden von meiner followerliste gekickt und es euch menschen in meinem internet erzählt.

wem jetzt schon die kinnlade runtergefallen ist, der schiebe sie bitte wieder hoch, damit sie gleich nochmal runterfallen kann. denn wie diese geschichte weiterging mit meinen abtreibungsgedanken bei twitter, das steht in der aktuellen ausgabe der BRIGITTE MOM, die man ab heute kaufen kann.



gedruckt.


über eine twitterbekanntschaft wurde ich mit einem redakteur der MOM bekannt gemacht und gefragt, ob ich mit meiner geschichte thema der kolumne "na dann: fallt über mich her" werden möchte. zuerst sagte ich vage zu, dann vehement ab, dann bot ich was anderes an, und plötzlich fand ichs doch okay und sogar sinnvoll, mich gleich nach der relativen öffentlichkeit bei twitter an die theoretisch totale öffentlichkeit dieses printmediums zu wenden. jawohl, sinnvoll. denn entgegen all meiner befürchtungen, die ich trotz allem vor dem ersten tweet zu dieser geschichte hatte, schlug mir aus dem internet nur liebe entgegen. unterstützung, zuspruch, wortlose umarmungen. privatnachrichten mit sehr persönlichen geschichten in ähnlichen zusammenhängen. privatnachrichten mit ganz anderen geschichten, die mir trotzdem einiges klargemacht haben. ich kann nicht genau sagen, wieviel das am ende zu der entscheidung beigetragen hat, das kind zu bekommen. aber allein, diese unterstützung zu erfahren, zu wissen, dass über ganz deutschland und sogar österreich und die schweiz verteilt leute in ihren gedanken bei mir sind, hat unendlich gut getan. und dafür wollte ich mal danke sagen.


gedruckt.


es mag abstrus scheinen, dass ich das mit einem artikel in einer zeitschrift tun will. aber es ist ja nicht irgendeine zeitschrift, sondern eben die BRIGITTE MOM. keiner anderen hätte ich diese geschichte angeboten. ich habe die zweite ausgabe davon irgendwann mal gekauft und hinterher nicht gelesen, sondern verschlungen. weil es (trotz immer noch relativ hohem lifestyle-, kosmetik- und modewerbungs-, und hübsche-muttis-in-schicken-klamöttchen-anteils) endlich mal eine eltern- bwz. mütterzeitschrift ist, die sich auch unverhohlen um den ganzen unangenehmen, anstrengenden teil am muttersein kümmert. um die schlimmen themen und geschichten, die man sich eigentlich nicht zu erzählen traut, und mit denen man deshalb oft alleine bleibt. mein kind ist mir die treppe runtergefallen, war die geschichte, die mir aus meiner ersten MOM am deutlichsten in erinnerung geblieben ist. und diesmal steht neben jeder menge anderer ehrlicher sachen eben auch drin, wie das so war, über abtreibung nachzudenken und meine twitter- follower daran teilhaben zu lassen. kurz: die MOM ist eine zeitschrift, die vielen der mütter in meinem realen und virtuellen umfeld eigentlich sehr aus der seele sprechen müsste. weil man tabus nur brechen kann, indem man drüber redet. weil auch sowas zu muttergefühlen dazugehören kann. und weil ich mir wünsche, dass jede frau, die in diese situation kommt, irgendwo genauso herzliche unterstützung bekommt, wie ich von euch menschen bei twitter bekommen habe. viele von euch kannte ich davor schon lange mehr oder minder intensiv, einige hatte ich schon in echt getroffen, andere begleiten mich und ich sie seit jahren nur über das internet. diese abtreibungsgschichte hat mich mit einigen näher zusammengebracht, andere habe ich ganz neu kennen- und schätzen gelernt. ich bereue nichts.

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damit ihr mich nicht falsch versteht: twitter war einer von mehreren orten, wo ich unterstützung bekommen habe. und ich sage nicht: du überlegst dir abzutreiben? na, dann melde dich doch bei twitter an und bekasper das dort. ich meine vielmehr: ich will, dass abtreibungsgedanken nicht länger derart tabuisiert werden, dass die meisten frauen das mit sich selbst ausmachen müssen. ich will, dass jede frau so viel zuspruch und so wenig ablehnung für diese gedanken erfährt, wie ich von euch bekommen habe


gedruckt.



also, liebe menschen in diesem internet: ich danke euch. ich danke euch, für eure unterstützung, für eure guten gedanken, für die stunden, die ihr euch nachts um die ohren geschlagen habt, um mir zuzuhören oder mir eure geschichte zu erzählen. ich danke auch euch, die ihr es vielleicht total daneben fandet, aber trotzdem die klappe gehalten habt: danke. ich danke der @fledermaus, die mir wenige tage nach meiner entscheidung für das kind eine ganz echte karte mit glückwünschen zur schwangerschaft schickte. ihr seid mein internet.

***EDIT: danke für alle mails mit und ohne begleitende worte; alle zeitschriften sind weg, wer das hier jetzt liest, muss zum kiosk laufen :)***

[ich habe mir von gruner& jahr 3 belegexemplare für meine geschichte gewünscht, damit ich zwei hier verlosen kann. der redakteur versprach mir 5 und bekommen habe ich dann 12. 6 stück davon möchte ich verlosen an die ersten 6, die mir eine email an ellahartmann bei gmail punkt com schicken. ihr müsst in die email gar nichts reinschreiben, außer eurer postadresse. ihr dürft gerne auch mehr schreiben, wenn es euch am herzen liegt, aber seid nicht enttäuscht, wenn ich nicht die zeit finde, zu antworten. ich hab euch trotzdem lieb.]

Montag, 3. September 2012

noch mehr senf zu #609060 und dicksein generell.

ich schrieb ja, dass ich hier unbedingt wieder mehr schreiben will. man sieht, wie gut das seither funktioniert hat: ungefährt gar nicht. weil ich nicht weiß, in welcher form ich hier schreiben will. jetzt habe ich aber gerade was, wozu ich einige gedanken festhalten möchte, und den schreibe ich eben hier rein, auch wenn wahrscheinlich eh seit jahren keiner mehr mein blog liest. egal.
es geht um #609060, ein intragram- mem über "normale menschen in oberbekleidung", zu dem sich gerade eine größere diskussion ua über den begriff "normal" entspinnt, an deren auslösung ich via twitter nicht unbeteiligt war.
die originalidee hatte journelle, so wie diverse meinungen dazu kann man zb hier oder dort nachlesen. heute schrieb anke einen artikel dazu, der mir im großen und ganzen von allen am nächsten liegt. trotzdem möchte ich noch etwas ergänzen. anke schreibt:

"Das mag jetzt das totale Haarespalten sein, um die Aktion doof zu finden. Ist es nicht. Ich hatte nur von Anfang an das Gefühl, dass diese Fotogalerie keine ist, in der ich auftauchen möchte. Ich will mit meinem nicht-normalen Körper nicht in einer Reihe von Mädels stehen, die – und hier unterstelle ich mal ganz fies etwas – beim Anblick meines Körpers als erstes NICHT denken, wow, total normal, sondern: Puh, bin ich froh, dass ich nicht so aussehe. Weil es eben nicht normal ist so auszusehen wie ich aussehe.

Trotz des fürchterlichen Hypes um die angebliche Adipositas-Epidemie BOOGA BOOGA BOOGA gibt es längst nicht so viele fette Menschen, wie die meisten nicht-fetten Menschen glauben (möchten?). Vielleicht guckt ihr euch mal kurz in eurem Büro, eurer Uni, auf der Straße oder im Bus um? Da sind ne Menge Menschen, die so aussehen wie ihr und sehr wenige, die so aussehen wie ich. Ihr seid die Norm. Ich bin es nicht."

ich kann sehr gut nachvollziehen, was anke da schreibt und fühlt, weil es mir eben oft ähnlich geht. beispielsweise war ich aus dieser angst vor blicken, kommentaren oder auch nur unterstellten gedanken schlanker leute heraus acht jahre lang nicht mehr schwimmen, und innerhalb dieser acht jahre hatte ich zeitweise mal 15 kilo mehr und auch mal 25 kilo weniger als jetzt. vor wenigen wochen war ich nach dieser langen zeit zum ersten mal wieder an einem baggersee. und es war das tollste und befreiendste, was ich in letzter zeit gemacht habe. vielleicht gab es da leute, die mich ansahen und dachten: "puh, bin ich froh, dass ich nicht so aussehe." aber es gab möglicherweise auch leute, die mich, oder flickr- gruppen wie die von anke erwähnte fatshionista ansehen, oder blogs mit ähnlichen fotos, und die denken: "wow, sieht die gut aus". oder "wow, die traut sich was"

ich zum beispiel denke das relativ oft, wenn ich enorm übergewichtie frauen in blogs wie zb meinem persönlichen liebling fat grrrl activism sehe: "wow". okay, es ist ein "wow", dem in den meisten fällen erstmal ein "obwohl" folgt. "wow, sieht die gut aus/ die traut sich was, obwohl sie dick ist". und klar, dieses obwohl wünscht man sich als dicker mensch natürlich weg, weil genau das ja wieder die abweichung von der "norm" deutlich macht. aber ich finde, dieses obwohl muss erlaubt sein. weil es hilft, den wandel im kopf möglich zu machen. "wow, die traut sich was. die traut sich das, obwohl sie dick ist. die scheißt drauf, wie ich das finde. und die sieht dabei auch noch gut aus." ungefähr so gehen meine gedanken oft, wenn ich fat grrrl activism lese. das ist vielleicht erstmal unrühmlich, aber es hat was mit mir gemacht. denn irgendwann folgte diesem gedanken der nächste: "und warum mache ich das nicht einfach auch so?" warum akzeptiere ich, meine lebensqualität acht jahre lang massiv einzuschränken, weil ich denke, ich sei zu fett für die anderen am baggersee? warum verstecke ich meine speckrollen in möglichst weiten klamotten, anstatt anzuziehen, worin ich mich gut finde? warum stelle ich mich auf konzerten sachte wippend an den rand, obwohl ich lieber mittendrin wäre und wild hüpfend meine strumpfhosen zertanzen möchte?

auf all diese dinge habe ich jetzt lange verzichtet, weil ich dachte, dass ihr schlanken menschen da draußen daran anstoß nehmen würdet. ich kriege gar nicht richtig in meinen kopf rein, auf wieviel gute erlebnisse, auf wieviel lebensqualität ich in den letzten jahren verzichtet habe. nur weil ich dachte, ihr steht dann vielleicht lästernd und mit dem finger auf mich zeigend am rand. vielleicht tun einige von euch das ja auch. und denen möchte ich sagen: fuck off. ich hab euch auch am baggersee gesehen, viele sogar nackt, denn es ist ein beliebter fkk- badessee. und wisst ihr was? ihr habt auch ungleich große brüste, faltige hintern, cellulite, kleine speckröllchen, behaarte leberflecken,  und das wird alles nicht schöner oder hässlicher, weil ihr 4 kleidergrößen weniger habt als ich. also kommt drüber weg, dass es menschen wie mich gibt; ich bin genauso schön wie ihr, und ihr seid genauso unansehnlich wie ich. und während ihr da am rand standet und über mich gelästert habt, hatte ich übrigens eine verflucht gute zeit. just saying.

mein nächster gedanke ist dann aber: wie unfair ist es eigentlich, allen schlanken menschen solche fiesen gedanken zu unterstellen? ich bekomme so oft auch von schlanken menschen gesagt, dass ich hübsch sei oder gut aussehen würde und ich bin mir sicher, dass die allermeisten das auch erhlich meinen. ich übe gerade, dass einfach annehmen zu können, lächelnd "danke" zu sagen und mich zu freuen. wie schei*e bin ich eigentlich, wenn ich glaube, solche schlanken menschen rufen gleich nach der begegnung mit mir ihre schlanke beste freundin an und sagen: "ich habe gerade xy getroffen und ihr gesagt, sie sähe toll aus! und die hat das auch noch geglaubt! hahahaha! knaller, oder? *prust*" ich will solche gemeinen gedanken über euch schlanken menschen nicht mehr haben. es tut mir leid. ihr seit alles nette menschen und ich glaube euch, dass ihr es ehrlich mit mir meint. (falls ihr es nicht ehrlich meint, lest bitte den absatz obendrüber nochmal genau durch.)

so, und um jetzt wieder zum punkt zu kommen: dieser gedankliche wandel geht mit mir schon eine ganze weile ab. ende letzten jahres habe ich mir bei allet rund in berlin kurze röckchen gekauft. und ich liebe sie (zugegeben: ich trage sie in hier-kannste-allet-machen-interessiert-eh-keen- berlin lieber als hier im provinziellen freiburg, aber ich liebe sie). ich esse in der öffentlichkeit. auch eis, und kuchen, und ich gucke nicht mehr, ob jemand mir dabei zuguckt. und neulich habe ich mir einen himbeerroten badeanzug gekauft und bin zum ersten mal seit acht jahren wieder schwimmen gegangen. ich werde nicht wieder acht jahre warten, bis ich das das nächste mal tue. ich lerne gerade, mich zu zeigen, so wie ich bin, obwohl ich nicht damit einverstanden bin, dass ich dick bin. es ist sehr befreiend und fühlt sich gut an. denn mittlerweile ist es mir wirklich sehr egal, was andere über meine figur denken, und wieviel ihrer lebenszeit sie darauf verschwenden, schlechte gedanken über dicke menschen zu haben. und deshalb mache ich seit kurzem auch bei #609060 mit, auch wenn ich zuerst fand, dass es zu sehr in eine bestimmte richtung lief - denn gerade viele dicke menschen begriffen das wort "normal" im titel dieses mems wohl als ausladung, und so glichen die fotos unter diesem hashtag zunächst eher einer galerie für schlankes daily-outfit-bloggen. das hat sich in den letzten zwei tagen schon ein kleines bisschen geändert, was mich sehr freut. ich möchte "normal" durch "echt" ersetzen und ich wünsche mir, dass noch mehr echte menschen auch größerer konfektionsgrößen dort mitmachen. ihr seid schön, ihr seht toll aus. traut euch! traut euch so lange, bis ihr euch nicht mehr trauen müsst.