Mittwoch, 5. September 2012

danke.

wer mir auf twitter folgt, weiß schon längst, dass ich gerade zum dritten mal schwanger bin. die meisten, die das wissen, haben auch mitbekommen, dass diese schwangerschaft nicht von anfang an ein grund zur freude war. sie kam zu einem zeitpunkt, an dem ich dachte, mit dem wunsch nach einem weiteren kind endlich abgeschlossen zu haben. sie kam zu einem zeitpunkt, an dem erstmal vieles nicht zusammenzupassen schien. und so habe ich zum ersten mal etwas erwägt, was ich mir niemals vorher hätte vorstellen können: eine abtreibung.

mir ging es in den tagen nach dem positiven test sehr schlecht. ich habe wenig geschlafen, noch weniger gegessen, permanent gedanken gewälzt, die sich sehr bald karussellartig wiederholten, nachts pro- und contra- listen geschrieben, mit dem mann geredet, mich von meiner hebamme beraten lassen, geflennt, mein verhütungsmittel verflucht, x- mal nachgerechnet, wieder geflennt und bei alldem versucht, trotzdem irgendwie zu funktionieren und mir den kindern und der außenwelt gegenüber möglichst wenig anmerken zu lassen.

das hat nicht lange funktioniert. insbesondere das gedankenkarussell, das verloren sein in den immer gleichen, sich gegenseitig aufhebenden argumenten dafür und dagegen, hat mich bald fast wahnsinnig gemacht. und dann habe ich etwas getan, was ich eigentlich erst gar nicht tun wollte: meinen twitteraccount vorrübergehend auf privat gesetzt, einige merkwürden von meiner followerliste gekickt und es euch menschen in meinem internet erzählt.

wem jetzt schon die kinnlade runtergefallen ist, der schiebe sie bitte wieder hoch, damit sie gleich nochmal runterfallen kann. denn wie diese geschichte weiterging mit meinen abtreibungsgedanken bei twitter, das steht in der aktuellen ausgabe der BRIGITTE MOM, die man ab heute kaufen kann.



gedruckt.


über eine twitterbekanntschaft wurde ich mit einem redakteur der MOM bekannt gemacht und gefragt, ob ich mit meiner geschichte thema der kolumne "na dann: fallt über mich her" werden möchte. zuerst sagte ich vage zu, dann vehement ab, dann bot ich was anderes an, und plötzlich fand ichs doch okay und sogar sinnvoll, mich gleich nach der relativen öffentlichkeit bei twitter an die theoretisch totale öffentlichkeit dieses printmediums zu wenden. jawohl, sinnvoll. denn entgegen all meiner befürchtungen, die ich trotz allem vor dem ersten tweet zu dieser geschichte hatte, schlug mir aus dem internet nur liebe entgegen. unterstützung, zuspruch, wortlose umarmungen. privatnachrichten mit sehr persönlichen geschichten in ähnlichen zusammenhängen. privatnachrichten mit ganz anderen geschichten, die mir trotzdem einiges klargemacht haben. ich kann nicht genau sagen, wieviel das am ende zu der entscheidung beigetragen hat, das kind zu bekommen. aber allein, diese unterstützung zu erfahren, zu wissen, dass über ganz deutschland und sogar österreich und die schweiz verteilt leute in ihren gedanken bei mir sind, hat unendlich gut getan. und dafür wollte ich mal danke sagen.


gedruckt.


es mag abstrus scheinen, dass ich das mit einem artikel in einer zeitschrift tun will. aber es ist ja nicht irgendeine zeitschrift, sondern eben die BRIGITTE MOM. keiner anderen hätte ich diese geschichte angeboten. ich habe die zweite ausgabe davon irgendwann mal gekauft und hinterher nicht gelesen, sondern verschlungen. weil es (trotz immer noch relativ hohem lifestyle-, kosmetik- und modewerbungs-, und hübsche-muttis-in-schicken-klamöttchen-anteils) endlich mal eine eltern- bwz. mütterzeitschrift ist, die sich auch unverhohlen um den ganzen unangenehmen, anstrengenden teil am muttersein kümmert. um die schlimmen themen und geschichten, die man sich eigentlich nicht zu erzählen traut, und mit denen man deshalb oft alleine bleibt. mein kind ist mir die treppe runtergefallen, war die geschichte, die mir aus meiner ersten MOM am deutlichsten in erinnerung geblieben ist. und diesmal steht neben jeder menge anderer ehrlicher sachen eben auch drin, wie das so war, über abtreibung nachzudenken und meine twitter- follower daran teilhaben zu lassen. kurz: die MOM ist eine zeitschrift, die vielen der mütter in meinem realen und virtuellen umfeld eigentlich sehr aus der seele sprechen müsste. weil man tabus nur brechen kann, indem man drüber redet. weil auch sowas zu muttergefühlen dazugehören kann. und weil ich mir wünsche, dass jede frau, die in diese situation kommt, irgendwo genauso herzliche unterstützung bekommt, wie ich von euch menschen bei twitter bekommen habe. viele von euch kannte ich davor schon lange mehr oder minder intensiv, einige hatte ich schon in echt getroffen, andere begleiten mich und ich sie seit jahren nur über das internet. diese abtreibungsgschichte hat mich mit einigen näher zusammengebracht, andere habe ich ganz neu kennen- und schätzen gelernt. ich bereue nichts.

gedruckt.


damit ihr mich nicht falsch versteht: twitter war einer von mehreren orten, wo ich unterstützung bekommen habe. und ich sage nicht: du überlegst dir abzutreiben? na, dann melde dich doch bei twitter an und bekasper das dort. ich meine vielmehr: ich will, dass abtreibungsgedanken nicht länger derart tabuisiert werden, dass die meisten frauen das mit sich selbst ausmachen müssen. ich will, dass jede frau so viel zuspruch und so wenig ablehnung für diese gedanken erfährt, wie ich von euch bekommen habe


gedruckt.



also, liebe menschen in diesem internet: ich danke euch. ich danke euch, für eure unterstützung, für eure guten gedanken, für die stunden, die ihr euch nachts um die ohren geschlagen habt, um mir zuzuhören oder mir eure geschichte zu erzählen. ich danke auch euch, die ihr es vielleicht total daneben fandet, aber trotzdem die klappe gehalten habt: danke. ich danke der @fledermaus, die mir wenige tage nach meiner entscheidung für das kind eine ganz echte karte mit glückwünschen zur schwangerschaft schickte. ihr seid mein internet.

***EDIT: danke für alle mails mit und ohne begleitende worte; alle zeitschriften sind weg, wer das hier jetzt liest, muss zum kiosk laufen :)***

[ich habe mir von gruner& jahr 3 belegexemplare für meine geschichte gewünscht, damit ich zwei hier verlosen kann. der redakteur versprach mir 5 und bekommen habe ich dann 12. 6 stück davon möchte ich verlosen an die ersten 6, die mir eine email an ellahartmann bei gmail punkt com schicken. ihr müsst in die email gar nichts reinschreiben, außer eurer postadresse. ihr dürft gerne auch mehr schreiben, wenn es euch am herzen liegt, aber seid nicht enttäuscht, wenn ich nicht die zeit finde, zu antworten. ich hab euch trotzdem lieb.]